Manchen Dingen ist es schnurzegal, ob wir sie
glauben. Sie sind einfach so. Berlin etwa kann man glauben, oder auch nicht.
Doch Berlin macht in jedem Fall - weiter.
von Johannes
Kornacher
Was glauben Sie
eigentlich? Eigentlich eine korrekte Fragestellung. Und eindeutig, allerdings
je nach Betonung: „Was glauben Sie
eigentlich?“ bedeutet dann „Sind sie wahnsinnig?“ und suggeriert gleich noch,
Sie sollten sich zum Teufel scheren oder zumindest in der Klappsmühle
einchecken.
Dann ist „Was glauben Sie eigentlich?“ die nette
Frage, woran sie denn so glauben, wenn der Tag lang ist. An den Weihnachtsmann
etwa, oder an die Existenz des Berliner Flughafens. Während der Weihnachtsmann
zwar um diese Jahreszeit nicht existiert, im Dezember aber schon, ist
letzterer, da kann ich Sie beruhigen, nur ein angeblicher Flughafen. Und zwar
ganzjährig.
Winkewinke auf Berlinerisch
Denn selbst wenn
es ihn physisch, also in Form von Gebäuden und Betonpisten, wirklich gäbe, kann
es ihn als Flughafen, also in Form von Einchecken und Winkewinke, oder gar zum
Auf- und Davonfliegen, auf keinen Fall geben. Denn diese komplizierten Vorgänge
setzen ein funktionierendes System voraus. In der Planung zum Beispiel. Oder in
der Ausführung. Bei beidem hapert es aber. Berlin halt.
Man habe jetzt
ein Terminal, hiess es kuerzlich. Kann es aber nicht zur Einweihung des
Flughafens heranziehen, sollte diese wirklich in den nächsten 12 Monaten
stattfinden müssen. Was ja, aus Berliner Sicht, eh‘ eine Zumutung wäre. Schon
so bald! Wo man es sich doch gerade so gemütlich gemacht hat, da draussen vor
der Stadt. Da kommen jetzt welche und wollen uns das kaputt machen. Den
Flughafen statt zum rumgammeln und Geld verlochen auch noch zu Winkewinke und
Auf- und Davonfliegen nützen. Nee, also, det geht so nich!
Einfach so ein
Terminal nutzen wollen. Wat globen die
denn! Erst mal müssen die Brandschutzanlagen getestet werden. Das ist bei neuen
Gebäuden so üblich und sicher keine miserable Idee. Nur im Fall des angeblichen
Berliner Flughafens dauert das eineinhalb Jahre. Also noch länger (18 Monate)
als die Installierung einer neuen Regierung (5 Monate). Ein Klacks jedoch im
Vergleich zur Etablierung eines international wettbewerbsfähigen Fussballklubs
(bisher 125 Jahre oder 1500 Monate).
Grosse Klappe Berlin
Ja, die alte Dame
Hertha, die braucht halt ein bisschen. Immer grosse Klappe, wie die ganze
Stadt. Man dominiert auf Platz zehn und hat es wieder mal geschafft, die
Europaliga zu verpassen. Was aber, und da werden Sie sich jetzt wundern, aus
Berliner Sicht völlig in Ordnung geht. Denn Europa hat es so an sich,
vereinzelt weiter weg zu liegen als Neukölln oder Mitte. Nach Athen etwa würde
die Busfahrt gut zwei Tage dauern, und dann sind die Spieler danach so steif,
dass sie bestimmt verlieren, und wer, ausser den Griechen, will das schon?
Hinfliegen geht aber auch nicht. Denn dazu müsste man ja – genau!
Weil Berlin eben
in Berlin liegt, arbeitet man jetzt schon auf Hochtouren daran, in der nächsten
Saison wieder die zweite Tabellenhälfte aufzumischen. Das Pokalfinale ist eh‘
abonniert, naja, als Stadion zumindest. Schliesslich ist man Hauptstadt. Muss
ja nicht gleich Vorbild sein. Sonst fragt man sich am Ende noch: Haupt – wovon?
Jedenfalls ist genug da von allem: ein Bundesligaklub, ein Parlament, eine
Regierung. Ein Tiergarten. Wer hat der hat.
Neuwertiger Schrott
Zum Schluss noch
eine kleine Geschichte. Sie handelt am, erraten!, am angeblichen Berliner
Flughafen. Dort hat man jetzt 750 Monitore ausgetauscht, für grad mal eine
halbe Million Euro. Sie waren technisch nix mehr wert. Sie wissen schon, diese
Monitore, die so schnell veralten, weil sie immer so wichtige Dinge anzeigen.
In Berlin zeigten sie in den vergangenen sechs Jahren Fluggästen, die nicht da
waren, Informationen an über Flüge und Gateänderungen, die es nie gab.
Das ist jetzt, da
verstehe ich Sie gut, alles kaum zu glauben. Mein Rat: Machen Sie es wie ich,
glauben Sie es einfach nicht. Man muss nicht alles glauben, was da draussen
passiert. Dafür versteht man es dann umso besser.