Aus dem Magazin Sportguide 2011
Du willst schneller sein? Vielleicht an einem Rennen teilnehmen? Oder willst nie mehr hinterher zotteln? Die drei „T“ machen Frauen schneller: Training, Technik, Taktik.
Du willst schneller sein? Vielleicht an einem Rennen teilnehmen? Oder willst nie mehr hinterher zotteln? Die drei „T“ machen Frauen schneller: Training, Technik, Taktik.
jok. Dass Frauen nicht ehrgeizig
sind, stimmt nicht. Richtig ist, dass sie oft ihren Männern hinterherfahren
müssen und dies nicht immer lustig finden. Oder keine Lust haben, immer die
letzte in der Gruppe zu sein. Das muss nicht sein. Schneller werden ist keine
Hexerei. Es braucht aber ein bisschen Systematik, Knowhow und
Durchhaltevermögen. Du wirst nicht in zwei Wochen schneller, sondern eher in
zwei Monaten. Das Geheimnis liegt in der Verbesserung von Training, Technik und
Taktik. Aber der Reihe nach.
Gute Investition
Voraussetzung für systematisches
Training sind Parameter. Üblich für Hobbyfahrer ist ein Training nach
Pulswerten. (Training nach Watt würde mehr Genauigkeit bringen, die Geräte sind aber immer noch sehr teuer. Bleiben wir hier also beim guten alten Puls-System). Ein Leistungstest nach Conconi oder nach Laktat ermittelt die vier
Pulsbereiche, in denen du abwechselnd trainierst: Regeneration, Grundlage,
Entwicklung, Spitzenbereich, auch roter Bereich genannt. Dazu wird dein
Maximalpuls ermittelt. Nun weisst du ziemlich genau, wo deine
Belastungsschwellen liegen. Ein Velocomputer mit Puls- und Frequenzanzeige kostet
zwar gut über 100 Franken, bringt dir aber das entscheidende Plus. Denn du
fährst erst richtig mit ständiger Kontrolle deiner Puls- und Umdrehungswerte.
Dazu später, wenn wir über Technik reden.
Nach System trainieren
Das Entscheidende am
Training ist die Systematik. Einfach nur losradeln, geht nicht! Du brauchst ein
System. Optimal trainierst du in Dreier- oder Viererblöcken, steigerst die
Belastung langsam, nimmst sie zurück, steigerst sie wieder, nimmst sie wieder
zurück, setzt dabei immer ein bisschen höher an. Das machst du etwa drei
Wochen, regenierst dich und fängst wieder von vorne an. Beispiel für einen
Dreierblock, bei angenommen dreimal pro Woche Training: Mo-Di-Mi-Pause-Sa-So-Mo-Pause-Do-Fr-Sa-Pause-Di-Mi-Do
usw. Beispiel für Umfänge in Minuten: 75-90-110-Pause-90-110-120-Pause-110-120-135-Pause
usw. Wichtig: Umfang leicht erhöhen. Nach dem Drei-Wochen-Block eine Woche
locker und weniger fahren, um den Körper zu regenerieren. Dann kannst du wieder
mit einem Block beginnen.
Intervalle machen stark
Nun hast du einen
Zeitrhythmus. Du musst dich nicht stur dran halten. Der Körper ist nicht pingelig,
aber er braucht etwas Regelmässigkeit. Wie fährt man nun diese Trainings? Am
besten mit Abwechslung: nicht immer dieselbe Runde, nicht immer im selben
Tempo, nicht immer zur selben Zeit. Fahre deine Runde mit Intervall-Tempi, etwa
so: pro Stunde Training viermal fünf Minuten mit schärferem Tempo. Nicht unbedingt
bolzen, aber schärfer. Nach fünf Minuten doppelt so lange ruhig weiter, damit der
Puls schön unten ist. Dann gibst du wieder Gas, schaltest nach fünf Minuten
wieder runter. Erkennst du das System? Wir bieten dem Körper Herausforderungen,
aber auch ausreichende Erholung. Du kannst dieses Prinzip nach deinen Wünschen
gestalten und ergänzen, etwa durch Sprints (150 Meter) oder längere Anstiege (2
- 5 Km). Danach immer schön erholen!
Shift happens
Das zweite „T“ heisst
Technik. Wieviele Gänge hast du? Egal ob 20 oder 30, nutze sie! Ein guter
Velofahrer schaltet ständig und dynamisch hin und her. Das ist ökonomisch und schnell.
Jetzt kommt die Frequenz ins Spiel: Sie drückt das komplizierte Gefüge zwischen
Muskelkraft und Fahrtechnik aus. Die meisten fahren zu tiefe, schwere Gänge. Die
gute Fahrerin aber erkennst du an der hohen Trittfrequenz. Ein Durchschnittstritt
von etwa 85 - 90 pro Minute über längere Zeit ist ideal. Je nach Speed: Bergauf
soll die Umdrehung mindestens bei 60 liegen, in welligem Gelände zwischen 75
und 90, in der Ebene zwischen 90 und 105. In Wellen kannst du die Trittfrequenz
durch Schalten gleich halten. Nicht in die Welle drücken, bis die Beine weh
tun. Wächst der Widerstand, schalten, weiterfahren, wieder schalten. So fährst
du höchst effizient. Wie das geht? Üben!
Immer schön rund!
Gute Frequenz braucht einen
runden Tritt. Also vorne runter, hinten ziehen, so als würdest du die Schuhe
abstreifen. Du spürst das am besten im Fussbereich, wo die Pedalplatte liegt. Übe
das etwa zwei Minuten, bewusst und immer wieder. Auch Profis schulen permanent den
runden Tritt.
Runder Tritt setzt Ruhe auf
dem Rad voraus. Nicht mit den Schultern wiegen, nicht «nicken», keine kleinen
Kurven mit dem Vorderrad! Radfahren ist wie Skifahren, es geschieht aus den
Beinen. Ruhiger Oberkörper, leicht angewinkelte Arme, Kopf hoch, Lenker
festhalten, beim Anstieg leicht daran ziehen. So geht die Kraft direkt ins
Pedal. Auch hier gilt: üben. Es kommt schon, nur Geduld. Versuche möglichst
gleichmässig zu fahren, immer mit Druck aufs Pedal. Nicht hart, aber spürbar.
Je schneller, desto härter der Druck. Wird er spürbar grösser: schalten! Zum regenerieren
die Frequenz halten, indem du hochschaltest. So wirst du langsamer, drehst aber
weiterhin richtig.
Beim Anfahren kurz beschleunigen
Nun zum dritten „T“, der
Taktik. Training ist bewusster Sport, also mit Taktik. Du beginnst deine
Einheit mit Einfahren und beendest sie mit Ausfahren. Locker, in hoher
Frequenz, ruhiger Atmung. Bist du warm, kannst die Leistung steigern. Taktisch
fährst du richtig, wenn du nach Abzweigungen oder generell zum Anfahren mit
Druck kurz beschleunigst, dann ruhig weiterrollst. Oder am höchsten Punkt des
Anstiegs sofort schaltest, nochmal Druck gibst, kurz beschleunigst. So bist du
früher und schneller in der Abfahrt, wo du dann ausruhen kannst.
Am Hinterrad ausruhen
Schneller macht dich auch
der Windschatten des Vordermanns. Das braucht etwas Mut, denn du musst auf
einen halben Meter oder noch näher ans Hinterrad, leicht versetzt innen oder aussen.
Konzentration! Je besser der Pilot / die Pilotin vor dir, desto gleichmässiger fährt er /sie, und
desto näher kannst du ans HInterrad. Im Windschatten sparst du etwa 35 Prozent
Energie, das ist perfekt zum Erholen. Zum Schneller-Werden-Training musst du
aber immer wieder im Wind fahren, sonst bleibst du unter deinem Potential.
Und zuletzt: setze dir
Ziele! Fahre nicht einfach los, sondern variiere deine Route. Fahr mal alleine,
mal in der Gruppe. Mal hier, mal dort. Abwechslung ist generell die beste
Taktik, schneller zu werden. Das gilt natürlich für alle, auch für Männer. Viel
Spass!
Das richtige Timing
Beispiel für einen
Dreierblock: Mo-Di-Mi-Pause-Sa-So-Mo-Pause-Do-Fr-Sa-Pause-Di-Mi-Do usw.
Beispiel für Umfänge in
Minuten: 75-90-110-Pause-90-110-120-Pause-110-120-135-Pause usw.