Original-Publikation vom 9. 9. 2011:
http://suite101.de/article/rennradtraining-im-kanton-zurich-locker-von-see-zu-see-a122888
Richtig Rennrad
trainieren heisst auch Abwechslung bei der Routenwahl. Für ambitionierte Radsportler
stellt Johannes Kornacher eine tolle Ausfahrt vom
Greifensee zum Untersee vor.
Er kennt 100 Routen im Oberland und Thurgau: Radsportler und Journalist Johannes Kornacher
jok. Ausgangsort ist Uster am Greifensee, von Zuerich leicht
erreichbar per S-Bahn oder Auto. Und natürlich mit dem Rad. Diese Tour ist mit
circa 120 km und etwa 1400 Höhenmetern etwas für anspruchsvolle Radfahrer. Die
Steigungen sind moderat, können sich aber in die Länge ziehen. Da ist
empfohlen, mit hoher Kadenz zu fahren und nicht dicke Gänge zu drücken. So steigt
zwar leicht der Puls, die Beine bleiben aber locker und übersäuern nicht.
Ruhig und rund kurbeln
Wer häufig mit dem Rennrad unterwegs ist, sieht viele
Pedaldrücker, die nur nach unten powern. Entsprechend unrund ihre Bewegungen:
Die Schultern eiern hin und her, das Rad fährt kleine Schlangenlinien, Knie und
Ellbogen sind nach aussen gedrückt, der Kopf schief, die Kadenz zu tief. Ab und zu jedoch taucht
ein Könner auf. Man erkennt schon von weitem, weil er anders auf dem Rad sitzt: Oberkörper ruhig, Arme leicht angewinkelt, das Becken etwas nach vorne geschoben, kurbelt er aus den Beinen
heraus einen runden, weichen Tritt. Bei Wellen und Anstiegen zieht er leicht am Lenker,
was den Druck aufs Pedal unterstützt. Wer hinter ihm fährt, bemerkt, dass er
viel schaltet und mit gleichmässiger Kadenz über die Anstiege rollt. Wie er das
kann? Er trainiert immer wieder längere Einheiten und schult dabei Haltung und runden
Tritt. Vier Stunden oder länger am Stück zu fahren bringt nicht nur gute Form,
es fördert auch eine ökonomische Technik.
Fernab von Verkehr
Die Route führt am Spital Uster vorbei aus der Stadt hinaus,
biegt nach der Autobahn links ab und verlässt für lange Zeit den dichten
Verkehr. Durch den kühlen Wald geht es hinauf nach Freudwil und über den Hügel
nach Fehraltorf, das man Richtung Weisslingen durchquert. Das stete Auf und Ab
hat begonnen. Immer schön kurbeln, die Kadenz sollte immer mindestens bei 70
liegen. Am Ortsausgang von Weisslingen kommt ein Radweg hinunter bis Kollbrunn.
Von dort geht’s sanft bergauf ins Heitertal, in dessen Mitte die Route links
nach Räterschen abbiegt. Wunderbare Strasse, fernab vom Verkehr. Ein Genuss: hinunter
nach Räterschen, über Elsau bis Wiesendangen mit einer tollen Abfahrt. Über ein
paar Hügel und man quert bereits das Thurtal, gelangt über die schmale Brücke
über den Fluss und nach einem erneuten Anstieg durch die Dörfer nach Stein am
RheBis hierher sind es 55 Km, wer will legt unten am Fluss im Städtchen eine Kaffeepause ein.

Foto: Schweiz Tourismus
Radler mit dicken und dünnen Reifen zieht es in das Städtchen am Rhein.
Am Untersee mit Vorsicht fahren
Nun geht’s auf der Hauptstrasse nach Osten. Der Fluss wird
zum See, und die Fahrt geht entlang des südwestlichsten Ausläufers der
Schwäbischen Meeres, dem Untersee. Je nach Wochentag ist der Bodensee-Radweg
Richtung Steckborn stark frequentiert, Achtsamkeit ist empfohlen. Kurz vor
Steckborn geht’s zurück auf die Seestrasse, und am Kreisel beginnt der moderate
und gleichmässige Anstieg über den Seerücken. Schön kurbeln! Auf der Südseite dafür
mit Dampf bergab Richtung Pfyn, aber Achtung: Bei Hörhausen biegt die Strecke schon
wieder rechts ab, nach Westen, dem Seerücken entlang, eine schöne Rollerstrecke
durch Dörfer bei wenig Verkehr.
Kulturpause in
Ittingen
Über Weckingen gelangt man zur berühmten Kartause Ittingen.
Von dort geht’s hinunter über die Thur, vorbei an Frauenfeld, über Gachnang und
Oberschneit bis zur St.Gallerstrasse. Je nach Wind rollt es nun westwärts
Richtung Winterthur zügig etwa zwei Kilometer bis zur nächsten Ortschaft,
Oberschottikon, wo es in spitzem Winkel links abgeht. Idyllisch der Anstieg
durch den Wald hinauf. Vor Dickbuch spitz nach rechts abbiegen und dann über
Waltenstein wieder durchs Heitertal rollen, in rasanter Fahrt hinunter nach
Kollbrunn.
In Kohlbrunn entscheiden die Beine: kürzer ist der Weg über
Weisslingen und hinunter nach Fehraltorf. Wer noch Kraft hat, fährt links bis
kurz vor Turbenthal und kurbelt dann die zwei Kilometer hinauf bis Wildberg (3-4 Prozent) und über
Russikon nach Fehraltdorf. Von hier ist es nur noch ein sanfter Hügel, dann
rollt es locker aus bis Uster.
Es geht auch länger
Diese Tour lässt sich verlängern, indem man am Untersee
bleibt und erst später über den Seerücken fährt, etwa ab Berlingen. Das ist
steiler und addiert noch rund 20 Km auf dem Tacho.
Müde? Die Landschaft und die Abwechslung der Route waren’s
wert. Und die Form belohnt einen auch: Wer eine Strecke dieser Art, neben dem gewohnten,
kürzeren Training, etwa alle ca drei Wochen absolviert, wird nach drei Monaten
einen deutlichen Formanstieg feststellen. Und ganz nebenbei hat sich die
Technik stark verbessert: eine runde Sache!