Swissteam, das Ultracycling-Team am Race across America (RAAM) 2008: zwei nachdenkliche, seriöse Asphaltcowboys. Fesche Burschen, und radfahren können sie auch. Was sie beim Rennen in den USA erlebt haben, wurde als Tagebuch aufgezeichnet. Wir haben es in mehrere Teile zerlegt. So kann man es besser ertragen.
Aus: "Was heute garantiert wieder nicht passiert ist", www.swissteamvelo.ch
Aus: "Was heute garantiert wieder nicht passiert ist", www.swissteamvelo.ch
10. Juni 2008
Komantschen
wollen Rainers Scalp
Ständig lauern auf den Hügeln über den Highways Indianer. Aus
ihren Gesichtern spricht Kriegslust: man weiss, dass sie nehmen, was sie
kriegen. Prompt fährt Rainer heute auf dem Weg durch die ewigen Jagdgründe
einem Komantschenhäuptling über den Weg. Mit lautem Kriegsgeheule brachte
dieser sein Pony längsseits und stoppte den Radler. Die Rothaut blickte auf
Rainers Velocomputer, zückte das Messer und verlangte die Herausgabe des Bidons
mit dem Feuerwasser. „Und den Fernseher!“ „Nein, das geht nicht“, sagte Rainer mutig.
„Der gehört meinem Sponsor Thomas Glättli“. Der Komantsche pfiff und plötzlich
standen fünf Krieger da. „Bringt mir Glättli – lebend!“ befahl der Häuptling.
Da zückte der Unterhäuptling sein Handy und fragte: „Wie buchstabiert man
Glättli?“ Die Indianer standen für einen Moment unschlüssig da. Rainer nutzte
die Situation mit einer alten Trapperlist: Er schleuderte dem überraschten
Häuptling einen Energieriegel an die stolze Brust und verschwand im Schatten der
Kakteen nach Osten.
11. Juni 2008
Teutonen
schlampig auf dem Kriegspfad
Der Weg nach Osten erweist sich als beschwerlicher als
gedacht. Heute waren die Krieger der Teutonen unterwegs. Hungrig nach Beute
waren sie unter Absingen von Liedern die ganze Nacht um das Lagerfeuer getanzt.
Johannes wusste, wie gefährlich es war, das Tal des Puddings ohne den Schutz
der Dunkelheit zu durchqueren, besonders weil heute Sonntag war, und die
Teutonen mögen Sonntage nicht, weil "Best buy" da nicht geöffnet hat. Prompt
steht plötzlich Häuptling „Platzender Pneu“ auf seinem Carbonpony vor ihm. An der dick
aufgetragen Wimperntusche des Indianers erkannte Johannes sofort: der Mann war
auf dem Kriegspfad.
„Hau, ab“, sagte Johannes kühl. „Warum ist das Bleichgesicht
so kebsrot?“ fragte der Häuptling. „Wir sind friedliche Siedler“, antwortete
Johannes. „In zwei Monden werden wir in Las Vegas die Bank des Casinos in die
Luft sprengen.“ Das beeindruckte den Indianer nicht. Er blickte auf das
Simplon-Pony des Schweizers. Seine Augen wurden eng wie der Schlitz eines
Lichtensteiner Briefkastens. Umständlich suchte er einen Pfeil über seinem Rücken. Dabei hätte er doch wissen müssen, dass er heute Morgen seinen Köcher daheim vergessen hatte.
„Das Simplon-Pony gehört mir“, sagte die Rothaut und drohte dem weissen Radler, sich
sonst mit dessen Squaw aus dem Staub zu machen. Da erkannte Johannes seinen
Vorteil, denn er hatte seine Squaw gar nicht dabei. Cool griff er zum Bidon. „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ sagte er und nahm einen tiefen
Schluck. Dann schenkte er dem verdatterten Häuptling einen Traubenzucker und
verschwand, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Hut mit Schutzengel: Was man nicht alles dabei hat!
12. Juni 2008
Bergler
erlegt Klapperschlange
Schreck: Johannes fuhr heute mitten im Tal der kochenden
Hölle (Steaming Hell Valley) bei plus 110 Grad Celsius über das Kabel eines
Kühlschranks. Geistesgegenwärtig riss er das Hinterrad noch hoch, rutschte aber auf einem herumliegenden Eiswürfel so unglücklich aus, dass die Hitze des
Gefechts ihm den Pneu wegschmorte. Der Vorfall wurde von einer Klapperschlange
beobachtet, die sich dem Bergler drohend in den Weg schlängelte, als sich
dieser auf blossen Felgen davon stehlen wollte. „Entschuldigung, ich kenne
eigentlich nur Blindschleichen“, so Johannes, aber die Schlange zeigte sich nicht
kooperativ. Da zückte der edle Ritter des Highway beherzt die Luftpumpe und
hieb dem verdutzten Tier den Kopf ab. Dann wickelte er die Schlange
fachmännisch über die Felge und verklebte das Leder sorgfältig mit Spucke, die er
vorher überm Fegefeuer zu Heissleim aufgekocht hatte. Dann klapperte er ostwärts von dannen. Noch 1998 Meilen bis ins Ziel!
13. Juni 2008
Rainer
und der Präsident der USA
Die Fahrer von Swissteam kämpfen immer mehr gegen Hitze,
Durst und streunende Indianer. Die Athleten müssen in den Wüsten Amerikas
mitten auf dem Highway immer öfter mit ihren Velos um Totempfähle, Wigwams und
Büffelledersofas herumfahren, die aber gar nicht existieren. „Das ist normal
und kein Grund zur Besorgnis„ sagt Teamarzt Klaus Lüthold. „Erst wenn einer das
Sofa füttert oder es mit seiner Ikea-Familycard 20 Prozent günstiger haben
will, greife ich ein.“ Rainer widerfuhr heute seine erste grössere Fata
Morgana. Mitten auf der Kreuzung vor Hope City hing ein bekannter ehemaliger
Präsident am Marterpfahl. Rainer bremste und fragte den Mann: „Kennidi ned?“ Doch
der Präsident sagte nur “Ick bin ain Börliner!“ Da stopfte sich Rainer
nachdenklich einen Cowgummi in den Mund, klickte die Schuhe ein und fuhr weiter
nach Osten.
14. Juni 2008
Swissteam
muss sich von Athlet trennen
Johannes fuhr heute in einer scharfen Kurve am Fusse des
„Mont Bad“ geradeaus, mitten hinein in die Arme eines etwa 3 Meter grossen
Grizzly. Der Bäre tanzte vor Freude. Swissteam sucht jetzt verzweifelt nach
Johannes. Das letzte, was er über Funk noch mitteilen konnte, waren die Worte
„It is fucking dark here.“ Nun hat Swissteam einen Fahrer weniger, dafür neue
Probleme: Wie bringt man einem Bären das Radfahren bei? Und wie bindet man den
Leuten zu Hause einen Bären auf?
15. Juni 2008
Gigawelle
killt beinahe linken Hoden
So kanns gehen: Beachboy Sloop John B erwischte heute am
Strand von Oceanside eine Gigawelle. Diese Wellen, die bis zu 88,79 Meter hoch
sein können, werden an der kalifornischen Küste nur alle 3000 Jahre beobachtet.
John B erkannte die Chance seines Surferlebens, legte sich flach auf sein
Brett, breitete die Arme aus und flog in etwa 60 Kilometer Höhe nach Osten. Als
er über Texas Hunger verspürte, setzte er zur Landung an. Doch kurz vor
dem Aufsetzen auf der Route 66 streifte er knapp den linken Hoden des Liechtensteiner Radlers
Rainer K. Sofort setze Rainer einen Funkspruch ab. “Houston, i have a problem“.
Aber er fasste sich schnell und radelte weiter. „Wenn einer ohne Bälle sieben
Mal die Tour gewinnen kann, fahre ich auch mit einem Kratzer weiter bis zum
nächsten McDonalds.“
16. Juni 2008
Rainer
schlägt Krokodil in die Flucht
Im Süden der USA kämpfen die Schweizermänner mit den
Naturgewalten der Sümpfe. Heute stellte sich Rainer beim Überqueren des
Mississippi ein Sumpfdotter-Krokodil in den Weg. Das Tier war auf dem Weg zu
einem Kongress nach Alaska und hatte gehört, Schweizermänner mit zartem Fleisch
hielten sich in der Gegend auf. Dazu gelten die Carbonvelos der verzweifelt
strampelnden Europäer als Kraft spendende Delikatesse, und erst noch völlig proteinfrei.
Das Krokodil sah Rainer in die Augen, erschrack und verschwand sofort wieder in
den Fluten des Stromes. „Mir wurde angst und bange. So ein grünes Gesicht habe
ich noch nie gesehen“, sagte es später in einem Radiointerview.
www.swissteamvelo.ch
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