Papstrücktritt: Sepp's Schifflein - säuft es ab?


18. März 2013  Josef „Sepp“ Ratzinger, der bayrische Papst, geht in den Ruhestand. Zur Ruhe dürfte er aber nach seinem Rücktritt kaum kommen. Er hat sie auch nicht verdient. Ein Nachtritt, verbunden mit einem herzlichen „Vergelt’s Gott“.

jok. Benedikt, der „Gesegnete“, der Ratzinger Sepp, hatte seinen Job als Papst und Vatikan-CEO immer so verstanden: „Das Schifflein Petri steuern und das Evangelium verkünden.“ Nun musste er aber feststellen, dass sein Schiffchen erheblich Schlagseite hat. Die Segel zerfetzt von den Stürmen der Pädophilie, von Bankskandalen und dem nachhaltigen Reputationsverlust der katholischen Kirche, soll ihm jedoch das Schicksal des Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia, das zerschmettert vor der Küste Italiens liegt, erspart bleiben. Deshalb hat sich Kapitän Sepp entschlossen, vorzeitig von Bord zu gehen.

Strippenzieher hinter Klostermauern
Ratzinger räumt zwar die Brücke. Seine Macht gibt er jedoch nur proforma ab. Er behält nicht nur seinen Namen Benedikt XVI, auch seinen Titel „Seine Heiligkeit“ darf er weiter führen. Papa Eremitus wird auch im Kloster innerhalb der hohen Mauern des Vatikans, hinter die er sich nun zurückzieht, weiterhin die Strippen ziehen. Als eine Art Schattenpapst und guter Nachbar seines Nachfolgers, dessen Wahl er über Jahre gewissenhaft und unter Ausübung all seiner Macht in den Landeskirchen zwischen Afrika, Asien und Lateinamerika vorbereitet hat. Die Wahl der 115 Kardinäle wird vielleicht der Welt eine Überraschung bereiten, nicht aber dem Ratzinger Sepp, dem schlauen Fuchs aus dem bayrischen Marktl am Inn. Zusammen mit einer Handvoll klerikaler Hardliner wie dem Erzbischof L.G. Müller, ehemals Bischof von Regensburg, wird er hinter dem Rücken des neuen Papstes weiterhin die Karten mischen. Ratzinger selbst hatte 1982 Deutschland verlassen, um bald als hoher Beamter der einst von ihm bekämpften römischen Kurie, als Chef der Glaubenskongregation, weltweit reformfreudige Bischöfe abzusetzen und Theologen zu massregeln.

Keine Messe mehr in toter Sprache
1962 hatte Ratzinger als liberaler Priester auf dem vatikanischen Konzil noch die Abschaffung der lateinischen Messe verlangt und vor der „verhängnisvollen Verwechslung von lateinisch und katholisch“ gewarnt. Als Pontifex sorgte er 45 Jahre später für die Rückkehr der lateinische Messe mit Priestern, die der Gemeinde den Rücken zukehren. Ein Symbol der Kirche, die sich von ihren Mitgliedern abwendet und ihre Kritiker massregelt in bester inquisitorischer Tradition. Die Pädophilie in ihren Reihen deckt und als Sünde interpretiert. Und Sünden kann man bekanntlich immer vergeben. Zum Missbrauchsskandal der Kirche sagte der brasilianische Berfreiungstheologe Leonardo Boff: „Die kirchlichen Autoritäten versuchen die Fakten zu verheimlichen, damit ihre Glaubwürdigkeit erhalten bleibt. Diese Einstellung ist falsch und pharisäerhaft. Pädophilie ist ein Verbrechen, das vor die Strafgerichte gehört. Von der Kirche wurde das nur aufgrund des Drucks der Weltöffentlichkeit eingestanden. Die Kirche hat sich dadurch total unglaubwürdig gemacht.“

Sepp, Chefinquisitor
Buff musste 1984 wegen seiner Kritik an der Kirchenhierarchie auf dem Ketzerstuhl Platz nehmen, auf dem schon Galilei sass. Sein Befrager war der damalige Kurienkardinal Ratzinger, als Oberinquisitor einer der mächtigsten Figuren im Vatikan. Als theologischer und strategischer Einflüsterer des Papstes Karol Wojtyła säuberte er die katholische Kirche weltweit von Kritikern. Sein erzkonservativer Chef indessen setzte Bischöfe und Kardinäle ein, die jetzt, nach Ratzingers Rücktritt, für die Fortsetzung der Tradition von Intoleranz und Ignoranz sorgen werden. Daran wird auch der Sexskandal um den britischen Kardinal O’Brien, der dieser Tage endlich den sexuellen Missbrauch an mehreren Priestern zugegeben hatte, nicht viel ändern. Wohl wird aber auch diese Geschichte das „Schifflein Petri“ noch mehr zu Seite neigen lassen.

Zölibat: keine Diskussion
Was er unter „Verkündigung des Evangeliums“ verstand, hatte der neue Papst Ratzinger 2005 eindrücklich demonstriert. Mitten im US-Wahlkampf forderte er die dortigen katholischen Bischöfe auf, dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry die Kommunion zu verweigern. Kerry hatte sich damals für das Frauenrecht auf Abtreibung eingesetzt. Später sorgte der Ratzinger Sepp als Papst dafür, dass der Zölibat ausserhalb der kirchlichen Diskussion blieb. Dazu Boff 2010 in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“: „Das verrät viel über die Struktur der Kirche. Sie ist eine totalitäre Religionsgemeinschaft, autoritär, zentralisiert und monosexuell, weil nur zölibatäre Männer in ihren Dienst eintreten können. Aus Sicht der Kirche ist es sehr bequem, dass sie völlig über Menschen verfügen kann, die ihr auch noch alles ausliefern - Leben, Bindungen, Familie.“

Chorbuben nicht windelweich geschlagen
Zu dieser Zeit hatten sich bereits finstere Gewitterwolken über dem „Schifflein Petri“ zusammengezogen. Der Missbrauchsskandal in Europa und den USA bereitete dem Ratzinger Sepp erhebliches Kopfzerbrechen. Und er bekam auch noch Ärger aus der eigenen Familie. Dem Sepp sein Bruder, der Ratzinger Georg, Priester und 30 Jahre lang Domkapellmeister in Regensburg, hat 2010 in einem Interview zugegeben, den Chorknaben der Regensburger Domspatzen selbst Ohrfeigen verpasst zu haben. Der "Passauer Neuen Presse" sagte er, er habe jedoch nie jemanden "grün und blau" geschlagen. Hat er nicht! Welch’ unendliche Güte und Barmherzigkeit. Vom sexuellen Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen habe er, auch gerüchteweise, nichts gewusst, sagte der Papstbruder weiter. "Warum er davon nichts mitbekommen haben soll, ist mir unerklärlich", sagte der Regisseur und Komponist Franz Wittenbrink dem Magazin „Spiegel“. Im Regensburger Internat der Domspatzen, in dem er bis 1967 lebte, habe ein"ausgeklügeltes System sadistischer Strafen verbunden mit sexueller Lust" bestanden.


Geiler Kardinal
Und jetzt O’Brien, einer der lautesten Moralapostel der kataholischen Kirche. Heilandsack! Kein schöner Ruhestand für den Ratzinger Sepp. Schon gar nicht, weil er auch noch die Prophezeiung seines einstigen Widersachers Boff einlöst. Der hatte schon vor ein paar Jahren den Papst aus Marktl am Inn aufgefordert, sich auf die grosse Begegnung mit Gott vorzubereiten. „Ziehen Sie sich in ein Kloster zurück, singen Sie den gregorianischen Choral, den Sie so gerne mögen, feiern Sie Ihre Messe auf Lateinisch“, sagte Boff der „Süddeutschen“. „Beten Sie weiter für die Erde, die von der Klimaerwärmung bedroht wird“ … „und für die Kinder, die Opfer der Pädophilie in der Kirche und der Gesellschaft geworden sind. Und beten Sie, dass uns der Schöpfergeist niemals verlassen möge.“ Da hat Kapitän Sepp wirklich noch eine Menge zu tun.

Das Allerletzte: Habemus Muliem?
Wie der Münchner Kabarettist Helmut Schleich kürzlich enthüllte, hatte Benedikt Ratzinger womöglich weltliche Gründe für seinen Rücktritt. Er habe letzten Dezember angefangen zu twittern, und da sei es halt passiert. Er habe da eine Frau kennengelernt, soll Benedikt im engsten Kreis gebeichtet haben.